Die drei dem südlichen Kietzer Ortsrand vorgeschobenen Stützpunkte erlitten seit Beginn der Belagerung folgende Schicksale: [40]

  • Der Weinbergshof wechselte in der zweiten Februarhälfte zweimal den Besitzer und fiel Anfang März endgültig in sowjetische Hand.
  • Der Konradshof wechselte am 16.2. zweimal den Besitzer, hatte vorher bereits viermal gewechselt, und ging in der ersten Märzdekade endgültig verloren.
  • Die Dammeisterei ging am 12.3. nachmittags verloren, wurde in der Nacht zum 13.3. zurückgewonnen und ging am gleichen Tag gegen panzerunterstützten Feindangriff endgültig verloren. Ein deutscher Gegenangriff in der Nacht zum 14.3. scheiterte. Vermutlich führte diesen eine Einheit der Leibstandarte "Adolf Hitler", die vom Mittelhöfel mit Booten den Vorflutkanal überquerte hatten und dabei am nächsten Morgen durch sowjetische Schlachtflieger zum größten Teil vernichtet wurde.

In Kietz zeigten die Russen bei der Wahl ihrer Mittel wenig Skrupel. So meldete am 9. März das AOK 9 in diesem Stadtteil einen feindlichen Angriff ,,deutsch-uniformierter Kräfte ... etwa in Bataillons-Stärke", deren Einbruch wieder bereinigt wurde. [41]

Am 4. März warfen einige sowjetische Flugzeuge Phosphor-Kanister auf die Neustadt. Der Tag danach brachte für ganz Küstrin ,,rege feindliche Fliegertätigkeit mit Bomben und Bordwaffenangriffen" und ,,stärkeres Artilleriefeuer (innerhalb 6 Stunden 3.000 Schuß, zum Teil auch schwere Kaliber)". Während am 6.3. in Kietz die deutschen Verteidiger in schwere Abwehrkämpfe verwickelt wurden, nutzte die 5. Stoß-Armee diesen Tag zur weiteren Vorbereitung ihres Großangriffs und zur Ablenkung der deutschen Führung vom geplanten Angriffsschwerpunkt. In den ersten Tagesstunden versuchte sie im Süden der Neustadt eine begrenzte Landung in Kompaniestärke auf dem Nordufer der Warthe. Sie mißlang. Vormittags griff ein Regiment beiderseits der Landsberger Straße an. Es wurde abgewiesen, teilweise erst im Gegenstoß. Mittags lag der innere Verteidigungsbereich der Neustadt unter starkem Artilleriefeuer und heftigen Attacken russischer Flugzeuge. Gegen 13 Uhr begann ein regimentsstarker Angriff aus Warnick, brach in die deutschen Stellungen ein, wurde aber im Gegenstoß zurückgeschlagen. Deutsche Artillerie bekämpfte am Nachmittag stärkere gegnerische Bereitstellungen bei Alt Drewitz. [42]

Der 7. März brachte den Beginn des längst erwarteten und befürchteten Sturmes der Roten Armee auf die Küstriner Neustadt. Nach Artilleriebeschuß des Südostteiles begannen Fliegerverbände das Bombardement. Die Neustadt brannte und hüllte sich in Rauch. Im Laufe des Vormittags trat beiderseits der Landsberger Straße und aus Warnick das verstärkte 1042. Schützen-Regiment der 295. Schützen-Division zum Angriff an. Nach zweieinhalbstündigen Gefechten war er - zum Teil erst im Gegenstoß - abgewiesen. Großen Anteil an diesem deutschen Abwehrerfolg hatte die kleine Einheit des Majors Hradezky mit ihren "Stukas zu Fuß". Sie hatte ihre Abschußrahmen rechtzeitig verdeckt aufstellen und mit etwa 40-50 Wurfkörpern den Angreifern blutige Verluste zufügen

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können. Gegen Mittag begann das sowjetische Trommelfeuer aus Hunderten von Rohren. 30 Minuten später erfolgte hinter einer Feuerwalze der russische Angriff in der Hauptrichtung von Alt Drewitz auf den Bahnhof und die Warthebrücken zu. Ihn führten mit Panzerunterstützung das 1038. und das 1040. Schützen-Regiment der 295. Schützen-Division. Auch an der Zorndorfer Chaussee traten weitere sowjetische Einheiten zum Angriff an, ohne hier zunächst Erfolg zu haben. [43]

Die Stoßrichtung der Angreifer längs der Drewitzer Straße bis zur Stettiner Bahnlinie setzte das Niederkämpfen der hier befindlichen deutschen Stellungen voraus. Erbitterte Gefechte begannen. Teilweise endeten sie in fluchtartigem Rückzug der Verteidiger. Nach zweieinhalb Stunden befand sich nicht nur die noch ausgangs Alt Drewitz verlaufende erste deutsche Stellung in russischer Hand, die Rotarmisten hatten auch einen zwei Kilometer tiefen Einbruch erzielt und standen 800 Meter nordwestlich des Hauptbahnhofs. Bereits eine halbe Stunde später drangen sie in die 600 Meter südostwärts der Straßengabel Drewitzer Straße gelegene Kartoffelmehlfabrik ein. Der deutsche Widerstand hatte sich inzwischen verstärkt und zu einzelnen schwächeren, allerdings erfolglosen Gegenstößen geführt. [44]

Gegen 15 Uhr entschloß sich General Sherebin zur Ausweitung des bisherigen Angriffserfolges und ließ zwischen dem 1038. und dem 1040. Schützen-Regiment zusätzlich das 1368. und das 1374. Schützen-Regiment in Richtung Hauptbahnhof einführen. Zu diesem Zeitpunkt befand sich die Hauptkampflinie zwischen Jungfern-Kanal und Stettiner Bahnlinie, das heißt, im Osten und Nordosten noch fest in deutscher Hand. Der Abschnittskommandant Neustadt, Oberst Walter, hatte jedoch versäumt, den Nordwestteil des inneren Verteidigungsringes rechtzeitig besetzen zu lassen. Bereits um 17 Uhr standen daraufhin die ersten Russen im inneren Verteidigungsbereich. [45]

Gegen 15.45 Uhr hatte Artillerie sowjetische Kolonnen mit Lkw und Panje-Wagen, die sich auf der Drewitzer Straße in Richtung Stadtmitte bewegten, bekämpft. Eine Stunde danach mußte die deutsche Führung feststellen, daß der ,,Feind mit 8 Panzern und etwa 800 Mann Infanterie im Raum Sägewerk - Obstgarten - Häuserblock NW Hauptbahnhof" stand, und die ,,Zellstoffabrik von Infanterie mit Panzern und Flammenwerfern angegriffen" wurde. [46]

Während die deutsche Führung in der Neustadt wie gelähmt schien, nutzte die russische Seite die bei ihr liegende Initiative und massierte ihre Truppen an den Schwerpunkten, die sie bestimmte. Die Verteidiger des brennenden Stadtteils kämpften unter ungünstigen Bedingungen. Ein Teil der Soldaten, Unterführer und Offiziere, sowie der wenigen Geschütze und Granatwerfer war dem Bombardement und dem vorbereitenden Artilleriefeuer zum Opfer gefallen. Unterstützung aus der Luft erhielten sie nicht. Dafür waren sie ständigen Angriffen gegnerischer Bomber und Schlachtflieger ausgesetzt. Für sie gab es keine Ablösung, nur steigende Anspannung, während der Einsatz der sowjetischen Einheiten staffelweise erfolgte. Der russische Angriffsdruck ließ auch nachts nicht nach. Das Schwerste für die deutschen Soldaten war jedoch, wenn Flucht oder Absetzen nicht möglich waren, in ihren Häusern, Ruinen, Bunkern und Gräben von Panzern und Geschützen im direkten Richten zusammengeschossen zu werden. Nicht selten griffen danach Sturmpioniere an, die mit Sprengladungen oder Flammenwerfern den letzten Widerstand brachen. In solchen Situationen gab es für die Verteidiger nur die Alternative, entweder den Widerstand einzustellen oder zu sterben. Selten kam es zu vorzeitiger Ergebung, denn die meisten Soldaten klammerten sich in dieser Situation an die vage Hoffnung auf Hilfe oder Entsatz in letzter Minute. Auf deutscher Seite kämpfte auch ein Bataillon sowjetischer Freiwilliger. Was seine Angehörigen im Falle einer Gefangennahme zu erwarten hatten, ließ schon die Benennung auf sowjetischen Stabskarten erkennen, denn sie wurden als "Bataillon Vaterlandsverräter" bezeichnet. Wer jedoch den Tod erwarten mußte, wollte diesen Weg so spät als möglich und vor allem nicht allein beschreiten. Das alles steigerte die Erbitterung, mit der gekämpft wurde. So kam es vor, daß deutsche Infanterie bei Gegenstößen bis zu den vorgezogenen Geschützen des Gegners durchbrach, und mancher russische Artillerist im Nahkampf fiel. [47]

6 durch Nahkampfmittel abgeschossene Feindpanzer in der Küstriner Neustadt und Verluste von etwa 350 Verwundeten und über 60 Toten im Festungsbereich - allerdings ohne Angabe der Vermißten - meldete der Festungskommandant für den 7. März [48]

In der Neustadt gingen die Häuserkämpfe auch nachts weiter, erhellt durch starke Brände an vielen Stellen. Die Regimenter der 5. Stoß-Armee versuchten mit aller Kraft, zur Gasanstalt durchzubrechen und die deutschen Truppen in der Neustadt von denen der Altstadt zu trennen. Nachdem in den ersten Stunden des 8.3. ein deutscher Gegenangriff gegen die von Nordwesten in den inneren Verteidigungsbereich eingebrochenen Angreifer verlustreich fehlgeschlagen war, setzten am Morgen des 8.3. die sowjetischen Truppen zum entscheidenden Angriff an. Einer erneuten starken Feuervorbereitung folgte die Erstürmung des Hauptbahnhofes. Nach Angaben des Generals Bokow mußte der Komplex nach Beschuß durch Panzer und Geschütze im direkten Richten Teil für Teil im Nahkampf genommen werden. Andere Einheiten erreichten den Stern und den Holzplatz oder drehten in Richtung Neues Werk ein. Um 9.30 Uhr wurde das Drehteil der mittleren Warthebrücke ausgeschwenkt. 30 Minuten später wiesen deutsche - durch Umgruppierung, Versprengte und Troß-Mannschaften verstärkte - Sicherungen den ersten russischen Angriff gegen die Warthe-Brücken ab. Zuvor hatten Flüchtende versucht, durch das Vorgelände die rettende Altstadt zu erreichen. Dabei waren viele Soldaten Opfer sowjetischer Schlachtflieger, Scharfschützen und Panzer geworden. Bis zum späten Abend hielten die Verteidiger unter hohen eigenen Verlusten weitere Feindangriffe mit Panzerunterstützung 150 Meter vor der westlichen und 250 Meter vor der östlichen Brücke auf. In der Nacht zum 9.3. sprengten Pioniere beide Warthebrücken. Damit wurde die Besatzung der Neustadt von der deutschen Führung aufgegeben, blieb ohne direkte, Sprech- oder Funkverbindung, kämpfte aber weiter. Das sowjetische 1038. Schützen-Regiment griff mit Unterstützung aus der Luft, von Panzern und Sturmpionieren mit Flammenwerfern die Zellstoffabrik von drei Seiten an. Die vierte Seite bildete die Hochwasser führende Warthe. Fehlende Boote oder Pontons schlossen eine Evakuierung der Besatzung aus. Der Kampf an dieser Stelle dauerte länger als 40 Stunden und endete am Vormittag des 9.3.. Einigen Verteidigern gelang es noch, schwimmend das Altstadtufer zu erreichen. Als die anderen die Waffen streckten, wurden sie gefragt, weshalb sie mit so wenigen Soldaten den Kampf nicht früher eingestellt hätten, und danach eröffnete ihnen ein Dolmetscher, daß die nicht gehfähigen Verwundeten mit Ausnahme eines Offiziers erschossen würden. [49]

In der Nacht vom 8. zum 9.3. und im Laufe des 9. März wurden die deutschen Truppen in drei Gruppen aufgesplittert: Die erste und größte im Raum Neues Werk - Sägewerk - Oststadtrand. Die zweite in der Zellstoffabrik. Die dritte im Südostraum mit der Pionier-Kaserne. Am 11.3. abends befanden sich nur noch das Neue Werk und die nördlich davon liegende Infanterie-Kaserne (Stülpnagel-Kaserne) in deutscher Hand. Die Entfernung von hier bis zur Altstadt, das heißt, bis zu den nächsten deutschen Truppen, betrug 1.300 Meter Luftlinie. Dazwischen aber lag der Einschließungsring des 32. Schützen-Korps und floß die Frühjahrshochwasser führende Warthe mit ihren zerstörten Übergängen. Weil es nach Südwesten unmöglich erschien, versuchte der Befehlshaber der starken deutschen Gruppe in der Nacht zum 12.3. den Durchbruch nach Norden in das sowjetische Hinterland, um sich zu den deutschen Brückenköpfen Zehden oder Stettin durchzuschlagen. Damit kam er der für die ersten Stunden des 12. März geplanten starken Artillerievorbereitung der Russen um eine halbe Stunde zuvor. Der nächtliche Ausbruch längs der Bahnlinie nach Zorndorf durch das 1042. Schützen-Regiment glückte nur wenigen. Eine mehrere hundert Mann starke Gruppe streckte nordostwärts Küstrin die Waffen, als sie in eine Stellung mit Stalin-Orgeln geriet. Drei Mann erreichten nach 9 Tagen im Oderbruch bei Karlsbiese - Gieshof die deutsche Front. Die wieder auf die Kaserne und das Neue Werk zurückgeworfene größere Gruppe der Eingeschlossenen beendete den Kampf am Morgen des 12. März. Dem war nach kurzer Artillerievorbereitung ein Sturmangriff der Rotarmisten vorausgegangen. Damit befand sich die gesamte Küstriner Neustadt in der Gewalt der 5. Stoß-Armee. Diese meldete rund 3.000 gefangene und mehr als 3.000 tote Verteidiger. Knapp zwei Drittel der Festungsbesatzung waren damit vernichtet. Unter den Gefangenen befand sich auch Oberst Krüger, unter den Toten Hauptmann von Oldershausen. [50]

Der Versuch der Truppen General Bersarins, in Ausnutzung ihres Erfolges auch die Altstadt zu stürmen, schlug fehl. Bereits am 8.3. hatte sowjetische Infanterie in Höhe der ausgebrannten Petroleumtanks die Warthe überquert und auf dem Gorin einen kleinen Brückenkopf gebildet. Während am 9. und 10.3. auf der Altstadt starkes Artilleriefeuer lag, erfolgten mit Unterstützung von Artillerie und Tieffliegern weitere Anlandungen oberhalb der Warthebrücken und zwischen diesen. Alle Versuche wurden entweder abgewiesen oder die Angelandeten durch Gegenangriffe vernichtet. Daß danach die 5. Stoß-Armee so schnell aufgab, lag vermutlich daran, daß deutscherseits eine Bereitstellung stärkerer Feindkräfte zum Übersetzen rechtzeitig erkannt und in der Abenddämmerung des 9.3. durch deutsche Schlachtflieger überraschend und wirkungsvoll angegriffen wurde. [51]

Am 12.3.1945 um 23 Uhr Ortszeit verlas der Moskauer Rundfunk den Befehl Nummer 300 des obersten Befehlshabers der Roten Armee J. W. Stalin. Danach schossen 124 Geschütze der Moskauer Garnison den Ehrensalut von 12 Salven. In dem Befehl hieß es unter anderem: [52]

,,Die Truppen der 1. Belorussischen Front haben heute, am 12. März,
nach hartnäckigen Kämpfen die Stadt und Festung Küstrin eingenommen -
den wichtigen Verkehrsknotenpunkt der Faschisten an der Oder,
der die Zugänge von Berlin deckt."

Diese Meldung war fehlerhaft. Die Festung zwischen Oder und Warthe befand sich einschließlich ihrer Nachschubverbindung in das Hinterland noch immer in deutscher Hand. Weil die internationale Presse Meldungen der kriegsführenden Staaten sofort publizierte, war es für den Urheber unangenehm, daß kurz darauf deutsche Zeitungen das Gegenteil berichteten. Allerdings hatte auch der tägliche Bericht des Oberkommandos der Wehrmacht nur von starken Kämpfen in und bei Küstrin und vom verengten Brückenkopf, nicht aber vom Verlust der Neustadt gesprochen. Über diese Episode schrieb später der damalige Oberbefehlshaber der sowjetischen 8. Garde-Armee, daß das Oberkommando der 5. Stoß-Armee sich kein klares Bild über die Lage verschafft habe und dem Frontstab meldete: ,,Stadt und Festung Küstrin wurden im Sturm genommen." Der Frontstab gab die Meldung unkontrolliert nach Moskau weiter. Als Ende März die 8. Garde-Armee die Altstadt mit der Festung dann tatsächlich stürmte, feierte Moskau diesen Erfolg durch einen weiteren Dankbefehl mit Artilleriesalut. Marschall Shukow, in diesen Monaten Oberbefehlshaber der 1. Belorussischen Front und einer der erfolgreichsten Feldherren des Zweiten Weltkrieges, muß durch dieses eigentlich belanglose Vorkommnis so unangenehm berührt worden sein, daß er in seinen "Erinnerungen und Gedanken" die Kämpfe um die Oderfestung nicht erwähnte. Auch General Bokow, 1945 Mitglied des Kriegsrates der 5. Stoß-Armee, konnte sich in seinen, erst Jahre nach dem Krieg verfaßten Memoiren nicht zu einer nachträglichen Korrektur dieses Irrtums durchringen. [53]

Der sowjetische Erfolg in der Küstriner Neustadt überraschte die deutschen Stäbe. Nicht der Fall an sich erstaunte, sondern die Schnelligkeit und die Art und Weise, mit der es geschah. In seinem Bericht über den Kampf der Festung Küstrin vom 9.3.1945 kritisierte das Generalkommando des XI. SS-Panzer-Korps die Führungstätigkeit des Festungskommandanten und benannte als gravierende Fehler: Ein ,,völlig unzureichendes" Meldewesen. Die Ernennung von Oberst Walter zum Abschnittskommandanten. Zu spätes Erkennen der Lage am Abend des 7. März. ,,Noch in der Nacht vom 7./8.3. war der Festung durch das Korps befohlen, Reserven unter rücksichtsloser Entblößung der im Sinne des festliegenden Auftrages weniger entscheidenden Fronten zu bilden. Dieser Befehl ist nach bisherigen Feststellungen nur in unzureichendem Maße befolgt worden. Am 8.3., noch vor Kenntnis des ungünstigen Ablaufs der Kämpfe in Neustadt, wurde die Festung durch das Generalkommando darauf hingewiesen, daß die Abspaltung namhafter Kräfte in Neustadt vermieden werden muß, um nicht die Durchführung des Gesamtauftrages der Festung zu gefährden. ... Über die Kampflage im Raum der Festung fehlte dem Kommandanten jeder Überblick. Ein Einfluß auf die Kampfführung ist am Nachmittag des 8.3. durch den Kommandanten nicht genommen" (worden - d. A.). Diese Vorwürfe erhielten größere Gewichtung, weil gleichzeitig festgestellt wurde, ,,daß die Truppe in Neustadt örtlich dem Gegner harten Widerstand geboten hat". Allerdings ging auch das Generalkommando von einer falschen Feindlage aus, weil es nicht erkannt hatte, daß außer der 295. Schützen-Division auch zwei Regimenter der 416. Schützen-Division angriffen, daß außer den Spezial-Einheiten nicht 3 sondern 5 aufgefüllte Regimenter am Sturm teilnahmen. Es hatte auch die Anzahl der sowjetischen Geschütze und Granatwerfer mit nur 250 Rohren weit unterschätzt.

Daß Stäbe der Heeresgruppe Weichsel und des Oberkommandos des Heeres in diesen Tagen manchmal am tatsächlichen Geschehen vorbeiarbeiteten, zeigte folgender Vorfall: Als in der Nacht vom 10. zum 11.3. der Chef des Generalstabs der Heeresgruppe Weichsel die Genehmigung des Generalstabs des Heeres zur Zerstörung von 10 Brücken in Küstrin erbat, waren die Vorflutkanal-Straßenbrücke bereits am 5.3. durch Feindeinwirkung und die drei Warthe-Brücken am 8.3. durch eigene Pioniere zerstört worden. [54]