Ein Reisebericht von Prof. Dr. Charlotte Hecht-Buchholz, Berlin, November 2011

Da Busfahrten in das polnische Gebiet seit einiger Zeit wegen Auflagen von staatlicher Seite Schwierigkeiten bereiten, wurde für die hier beschriebene Vereinsfahrt des „Verein für die Geschichte Küstrins e. V.“ wieder ein Ort im deutschen Grenzgebiet gewählt. Die Vereinsfahrt fand statt am 3. Oktober 2011 und ging nach Fürstenwalde/Spree.

Organisiert wurde die Fahrt von Augenoptikermeisterin Kati Frädrich. Das geschah mit Umsicht und Sorgfalt. Im Bus trug sie der Gruppe ein sehr anschauliches, von ihr verfasstes Gedicht zum Geburtstag des „Tag der Deutschen Einheit“ vor und verteilte als Überraschung für alle einen Geburtstagstrunk. Der Vorsitzende, Herr Rogge, erläuterte vieles während der Busfahrt Beobachtete. So z. B. leide die Großfelderwirtschaft, früher LPG, jetzt in Hand von privaten Gesellschaftern, darunter, dass nicht mehr zielgerecht entwässert wird. Die Entwässerungsgräben werden seit Jahren nicht mehr turnusmäßig gepflegt, das Wasser kann nicht abfließen, die Felder sind überschwemmt. Hinzu kommen noch weitere Faktoren, wie Witterungsunbilden mit anhaltendem und kräftigen Regen.

In Seelow berichtete Herr Rogge, dass der Eigner des Ottoversands Werner Otto den dort im Krieg von der Wehrmacht gesprengten Kirchturm Anfang der 1990er Jahre hat aufbauen lassen, nachdem der Superintendent Herrn Otto im Taufregister gefunden hatte.

In Fürstenwalde wurde zuerst das „Stadt Museum von Fürstenwalde“ besichtigt. Dann gab es ein sehr gutes Mittagessen im „Küstriner Wappen“. -Küstriner im „Verein für die Geschichte Küstrins“ speisen im Gasthaus Küstriner Wappen in der Küstriner Straße in Fürstenwalde.

Danach führte die Gruppe ein gut gelaunter, schlagfertiger Fremdenführer in der Uniform Friedrich des Großen per Bus und zu Fuß durch die Stadt. Ein absoluter Höhepunkt war danach die Führung durch Herrn Superintendent i. R. Günter Kuhn im Fürstenwalder Dom Sankt Marien. Zum Schluss genossen alle im Kaffeehaus Josefin in Bad Saarow, Ortsteil Petersdorf das dortige Angebot.

Leider war es der Organisatorin nicht gelungen, eine Besichtigung des „Hauses Brandenburg“ in das Programm der Vereinsfahrt aufzunehmen. Die Leiterin des „Hauses Brandenburg“ hatte diesen Besichtigungswunsch abgelehnt mit der Begründung, dass es an einem Feiertag dafür keine Möglichkeit gäbe. Das war ärgerlich. Das „Haus Brandenburg“ ist ein Haus für Alt-Ostbrandenburg. Dieses Gebiet war bis 1945 Heimat von rund 750.000 Deutschen.

Im Stadtmuseum von Fürstenwalde gab es eine sehr gute Führung. Das Museum ist nach modernen Methoden gestaltet, d. h. die Objekte waren anschaulich, übersichtlich und mit Sinn für Schönheit ausgestellt. Hauptthema war die Geschichte der Stadt Fürstenwalde mit Besonderheiten von Handwerk, Erfindungen und industriellen Fertigungen. Wegen des Vorkommens von Ton in der Umgebung spielte Fürstenwalde bei der Ofenkachelmanufaktur eine wichtige Rolle. Vor dem Museum waren ein Turm mit Kachelwänden sowie ein maritimer Leuchtturm zu sehen. Der von der Firma Pintsch gebaute Leuchtturm wurde an der Ostsee nicht mehr gebraucht, so wurde er an seinen Herstellungsort zurück gebracht. Das Museum wird 2015 hundert Jahre alt.

Bei der Führung durch die Stadt (32 000 Einwohner) wurden die Sehenswürdigkeiten (z. B. das Rathaus) gezeigt sowie Industrieanlagen (heute z. B. für den Bau von Windanlagen) und die Kolonistenhäuser, vom „Alten Fritz“ angelegt.

Beim Eintritt in den Dom Sankt Marien in Fürstenwalde fiel der Blick auf einen sehr ungewöhnlichen Kircheninnenraum: ein einfaches, praktisch aussehendes Dachgewölbe ohne jeden Zierrat, in der Kirchenhalle aus Ziegel gemauerte achteckige Säulen, die oben enden ohne etwas zu tragen, auf der Empore eine sehr modern anmutende große Orgel, vorne am Altar eine weitere, kleine Orgel, Unterteilung des großen Raumes in mehrere zum Kirchenraum hin offene Stockwerke, an der Seite des Kirchenraums ein Blick durch ein Fenster auf eine Bibliothek, im Altarraum ein barocker Altar mit Gekreuzigtem, Heiligen und Engeln sowie ein hohes, spitz zulaufendes unterteiltes Gebilde (Sakramentshaus mit Tabernakelgeschossen).

Die Erläuterungen zu all diesem, auf den ersten Blick z. T. Unverständlichen, bekamen die Teilnehmer von Herrn Superintendent i. R. Günter Kuhn. Ein ungemein spannender Vortrag über die Geschichte der Kirche, den Wiederaufbau und die einzelnen Sehenswürdigkeiten wurde geboten. Zum Schluss wurde der Gruppe auch die „Alte Sakristei“ gezeigt mit Steinfiguren aus dem 13. – 15. Jahrhundert und einem Altar aus Münchehofe (um 1520).

Die Vereinsfahrt nach Fürstenwalde war ein hochinteressantes Erlebnis und sehr gelungen. Die Organisatorin Kati Frädrich und allen anderen Beteiligten sei Dank für ihre Mühe.

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