Ein Reisebericht von Prof. Dr. Charlotte Hecht-Buchholz, Oktober 2010

Hervorragend organisiert und betreut durch den Vorsitzenden Herrn Martin Rogge fand am 25. September 2010 die 2. Vereinsfahrt des „Vereins für die Geschichte Küstrins “ statt. Besichtigungspunkte waren die Ausstellung über Königin Friederike Luise im Schloss Freienwalde sowie eine Durchfahrt per Schiff durch das Schiffshebewerk Niederfinow und die Besichtigung der Kirche in Oderberg. Treffpunkt und Busabfahrt war an der Schule neben dem Kulturhaus in Küstrin-Kietz 9.00 Uhr, Rückkehr 19.00 Uhr.

Die Zahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer betrug 26, darunter viele „alte Küstriner“. Um nur einige zu nennen: In alter Frische, begleitet von seiner Frau, war dabei Horst Herrmann, von dem viele interessante Berichte über die Geschichte Küstrins stammen und der uns früher mit seinen Führungen durch die Altstadt Küstrin erfreut hat. Mit dabei war auch zusammen mit ihrem Vater Augenoptikermeisterin Kati Frädrich, die 2007 bei der Festveranstaltung „775 Jahre Küstrin“ dieses außerordentlich schöne Schachspiel vorgestellt hat mit Schachfiguren aus Trinkgläsern bestehend, in die sie Motive der Altstadt Küstrin geritzt hatte. Aus Berlin waren dabei mit seiner Frau, Ludwig Hecht, Enkel von Walter Hecht, dem ehemaligen Stadtbaurat von Küstrin, sowie Ehepaar Lück. Herr Lück (Jahrgang 1937) war in Küstrin zur Schule gegangen als sein Vater dort als Artillerie-Offizier stationiert war.

Beim Besuch von Schloss Freienwalde, Preußisches Königsschloss und Walther-Rathenau-Gedenkstätte hatten wir das große Glück, dass wir von Museumsdirektor, Dr. Reinhard Schmook geführt wurden. Dr. Schmook führte uns durch die anlässlich des 200.sten Geburtstages der Königin Luise gestaltete Ausstellung für deren Schwiegermutter, Königin Friederike Luise von Preussen (1751 – 1805), Gattin von Friedrich Wilhelm II, die dieses Schloss sich als Sommersitz errichten ließ. Eingeschlossen in die Führung war die auch im Schloss zu besichtigende Gedenkstätte für Walther Rathenau, der 1909 das Schloss nach „100-jährigen Dornröschenschlaf“ gekauft, restauriert und ergänzt hatte sowie dort bis zu seinem gewaltsamen Tod gelebt hat. Nebenbei erzählte uns Herr Dr. Schmook auch viele interessante Anekdoten, z. B. wie ein Teil der bei Kriegsende geraubten Möbel wieder von Privatpersonen zurückgebracht wurden oder wie eine wertvolle Skulptur, zum Schloss gehörend, aber vor dem Freienwalder Krankenhaus stehend, gestohlen wurde, dann aber nach vielen Jahren plötzlich in Küchenpapier gewickelt im Wald wiedergefunden wurde. Interessant war auch, dass eine Tapetenstücksammlung, die eine Kunsthistorikerin 1945 vorsorglich durchgeführt hatte, von deren Tochter zur Verfügung gestellt werden konnte. Noch fehlt das Geld für die Restaurierung der Tapeten. Bewundern konnten wir auch ein besonders schönes Möbelstück, einen Nähtisch mit Strohintarsien, der, nachdem er nach Kriegsende völlig zerstört war, wieder restauriert werden konnte. Das Schloss mit dem Park wurde mit Hilfe von Mitteln von Bund und Land restauriert. Bei der Restaurierung des zum Schloss gehörenden Theaterpalais half die Reemtsma-Stiftung. Probleme bereiten wie bei vielen solchen restaurierten Denkmälern die Bauerhaltung. Dafür fehlen Mittel und Personal.

Das Schiffshebewerk in Niederfinow war ebenfalls ein spannendes Objekt. Die Gruppe wurde von einem Anlegesteg des Oder-Havel-Kanals aus mit einem Schiff in den Trog des Hebemechanismus gefahren, das Schiff mit dem Trog 36 m hoch gehoben und dann wieder abgesenkt. Von der Schiffsbesatzung wurde alles sehr gut erklärt und auch auf das neue im Bau befindliche Schiffshebewerk neben der alten Anlage wurde hingewiesen.

Der letzte Besichtigungspunkt war die Kirche in Oderberg, ein Bauwerk, das der berühmte Architekt Friedrich August Stüler entworfen hat. Hier bekam die Gruppe Erläuterungen von Herrn Völker. Er wusste vieles über die Geschichte der Kirche und des Ortes Oderberg zu erzählen, darunter die Auswirkungen des 30-jährigen Krieges und die Probleme der Menschen hier in Oderberg in der jetzigen Zeit nach der Wende. Eine seiner interessanten Geschichten war der Bericht über die in der Kirche aufgestellte Glocke, die eigentlich im Krieg eingeschmolzen werden sollte, aber dann nach dem Krieg in Hamburg fast unversehrt wieder aufgefunden wurde.

Viel Gelegenheit gab es für interessante Gespräche der Mitglieder untereinander beim Mittagessen im Restaurant „Stadtmitte“ in Bad Freienwalde, auf dem Schiff und im Cafe Kieslinger in Oderberg.

So hatten wir Gelegenheit, uns mit einem Landwirt, Agraringenieur, zu unterhalten. Wir erfuhren dabei einiges über seinen jetzt in privater Hand befindlichen landwirtschaftlichen Betrieb der ehemaligen LPG, über den Anbau bestimmter Früchte wie Qualitätsweizen, Raps und Sonnenblumen wie auch über Schutzmaßnahmen gegenüber Schadinsekten- und Pilzbefall, aber auch über die zu Ertragsausfall führenden Wasserschäden durch die starken Regenfälle in diesem Jahr auf dem an sich sehr fruchtbaren, aber schwer zu bearbeitenden Boden am Rande des Oderbruchs.

Insgesamt war das Ganze ein schöner, interessanter und lohnenswerter Ausflug. Bus-transport und Verpflegung funktionierten tadellos. Dem Vereinsvorsitzenden, Herrn Martin Rogge, sei Dank für sein Mühe, seine umsichtige Vorbereitung und Durchführung dieser Vereinsfahrt 2010.